Rettung der Rheumaambulanz Düsseldorf

Ein Einsatz, der sich gelohnt hat

Am 16. 6. 2004 haben wir mit Entsetzen erfahren, dass der Rheumaambulanz in Düsseldorf die Instituts-Ermächtigung nicht erneuert worden ist. Damit hätten über 2.000 Patientinnen und Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, darunter 400 Lupus-Patienten, ab 1. Juli 2004 nicht mehr gewusst wohin. Denn wer selbst an einer Erkrankung aus diesem Formenkreis leidet, weiß, dass internistische Rheumatologen in Düsseldorf, NRW und Deutschland insgesamt zu selten vorhanden sind, um alle Patienten sachgerecht zu behandeln.

Und wir als Betroffene können es nicht oft und nicht laut genug sagen: eine schlechtere oder zu späte Behandlung bedeutet für uns zerstörte Gelenke und Organe, genommene Lebensqualität, Arbeitskraft und Lebenszeit. Das schmerzt besonders tief, weil unsere Erkrankungen zwar alle noch nicht heilbar sind, es heute aber eine ganze Reihe sehr guter Therapien gibt, die nur rechtzeitig in der richtigen Dosierung eingesetzt werden müssen, um uns all dies ganz oder wenigsten so lange wie möglich zu erhalten.

Darum haben wir uns als Betroffene und als Selbsthilfegemeinschaft sofort an die Arbeit gemacht und einen großen Strategieplan entworfen:

  • Alle Selbsthilfegruppen aus dem rheumatischen Bereich kontaktiert, informiert und in den Aktionsplan eingebunden.
  • Alle möglichen Adressaten von Protesten benannt und deren Adressen gesammelt.
  • Alle potentiellen Helfer ausfindig gemacht und wieder Adressen gesammelt.
  • Alle rechtlichen Möglichkeiten ausgelotet und noch mal Adressen gesammelt.
  • Gutachten und Studien gesucht und studiert, die die Notwendigkeit der frühen und ausreichenden Versorgung, sowie die bestehende Unterversorgung belegen.
  • Und schließlich auch nach anderen Modellen von Verträgen nach SGB V gesucht, wenn eine Ermächtigung durch die KV nicht zustande kommen sollte.

Nachdem diese Mammutarbeit geleistet war, galt es anschließend Texte zu verfassen: einen Kerntext, der das Problem umfassend beschrieb und alle nun notwendigen Einzelbriefe an die Klinik, die KV, den Zulassungsausschuss, alle Krankenkassen, die Regierung, Ministerin, Bürgermeister und Gesundheitskonferenz. Alle Mitglieder wichtiger Ausschüsse im Landtag, Einreichung einer Petition als Hilfeschrei und schließlich Presse, Hörfunk und Fernsehen und wer sonst noch irgendwo wichtig oder hilfreich sein konnte.

Und dies alles kombiniert mit einem „Offenen Brief“ eines Mitpatienten aus dieser Klinik, so dass anhand des konkreten Falles das Problem anschaulich deutlich gemacht werden konnte. Alle diese Dinge möglichst zeitnah von jeder einzelnen Selbsthilfegemeinschaft an jede genannte Stelle geleitet worden.

Und ganz langsam begann tatsächlich etwas zu wachsen:

  • Zunächst wuchs die Selbsthilfe zusammen: Alle machten mit, so gut sie es konnten.
  • Die Reihe unserer unterstützenden Partner wuchs täglich an: Selbsthilfebüro, das Gesundheitsdezernat, die Klinikleitung und viele, viele Einzelpersonen.
  • Die Presse (RP, WZ, NRZ) und der WDR 3 fingen an zu berichten, es kamen erste Reaktionen auf unsere Schreiben.
  • Und dann am 5. Juli die erste unerwartete Nachricht, dass unser Petitionsantrag entgegen eines anderslautenden Schreibens schon am 15.7. eine Anhörung im Landtag mit allen Beteiligten erfahren sollte.
  • Und dann – noch vor diesem wichtigen Termin – am 7. Juli 2004 die unglaubliche, aber erlösende Nachricht, dass der Berufungsausschuss die alte (falsche!) Entscheidung revidiert hat:

Die Rheumaambulanz hat ihre Ermächtigung wieder, wir als Patientinnen und Patienten sind weiter gut versorgt! Ich kann es nicht mit Worten beschreiben, welche Freunde und Erleichterung mich durchflutete. Wir haben es geschafft! Nun können wir allen verzweifelt Anrufenden sagen, dass sie wieder zu ihren Ärzten können, nun ist alle Angst der Betroffenen und die Arbeit für diese Aktion vorbei. Und diese Ruhe wird nötig sein, denn die beiden letzten Wochen waren nicht nur solche voller Arbeit, sondern es war schlicht verschenktes Leben für eine gute Sache, denn neben etwas Schlaf und etwas Essen gab es nichts außer Schreiben, Reden und Lesen…Briefe und Akten kistenweise. Aber es hat sich gelohnt!

Und darum auch noch ein kleines Nachwort:

Keiner von uns alleine hätte das schaffen können, darum Dank an jede Gruppe, die aus dem Bereich der Selbsthilfe mitgemacht hat:

  • Rheuma-Liga Bundesverband
  • Rheuma-Liga Landesverband NRW
  • Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew NRW
  • Sklerodermie Selbsthilfe
  • Der Zusammenschluss freier Selbsthilfegruppen und Ansprechpartner für Fibromyalgie-Betroffene
  • Selbsthilfe Sjögren-Syndrom
  • Unsere „Regionalgruppe Düsseldorf“ der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft

Dank aber auch an die vielen, vielen Stellen, Behörden und Einzelpersonen, die ich an dieser Stelle weder aufzählen kann noch will, da uns viel Vertrauen und Vertraulichkeit entgegengebracht wurde. Aber auch sie haben entscheidend zum Gelingen beigetragen, wie auch alle anderen, die sich auf ihren Ebenen, die wir vielleicht gar nicht kennen, für uns eingesetzt haben. Namentlich erwähnt sei aber unsere Schirmherrin Karin Clement, deren Name und Einsatz uns sehr geholfen hat.

Und zum anderen: Wir haben gewonnen – und sicherlich war auch viel Strategie dabei und man musste auch „Macht“ aufbauen, weil man ohne diese in unsrem Land keine Mehrheiten findet. Aber letztlich war es kein Sieg der Macht, sondern einer der Vernunft, das ist mir sehr wichtig. Denn alles was wir gesagt haben, alles was wir behauptet haben, können wir mit Fakten, Studien und unseren Krankheitsverläufen belegen. Ich glaube, gerade darum haben wir so viel Unterstützung und Hilfe bekommen und darum können wir uns jetzt alle miteinander freuen und stolz sein, auf das was wir und andere gemeinsam erreicht haben.

Die Rheumaambulanz Düsseldorf steht ab 7. Juli 2004 wieder allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung.

Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V.
Borgi Winkler-Rohling

1. Vorsitzende