Grußwort der BAG-Selbsthilfe
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Selbsthilfe,
dass die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft heute ihr 20jähriges Bestehen feiert, ist wahrlich ein Grund zum Feiern und, da wir den „Lupus“ nach internationalem Verständnis als seltene Erkrankung einschätzen, ein doppelter Grund, Sie alle zu beglückwünschen: Es gibt wohl kaum eine Selbsthilfevereinigung einer seltenen Erkrankung in Deutschland, die bereits auf so viele Jahre erfolgreicher Arbeit zurückschauen kann.
Ich darf Ihnen an dieser Stelle auch die Glückwünsche des Bundesvorstands der BAG SELBSTHILFE ebenso der Fachkollegen aus dem Hause überbringen.
Die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft ist zwar erst seit zwei Jahren ordentliches Mitglied der BAG SELBSTHILFE, sie ist uns aber schon seit vielen Jahren bekannt und verbunden. Sie haben es im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte geschafft, nahezu 3.000 Mitglieder zu vereinen und mehr als 80 Regionalgruppen zu gründen.
Ohne das soziale Engagement der Bürger, ohne das Ehrenamt, ohne Selbsthilfeorganisationen wie die Lupus Erythematodes Selbsthilfevereinigung würden viele Betroffene mit ihren Sorgen und Bedürfnissen alleine gelassen, würden ihre Forderungen nicht gehört.
Aus der Sicht Ihres – neuen – Dachverbandes, der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V., ist aber auch und gerade eine zweite Ebene Ihrer Arbeit von herausragender Bedeutung: die Interessenvertretung chronisch kranker Menschen auf politischer Ebene.
Sie haben früh erkannt, dass die sozialpolitische Arbeit auf Bundesebene unerlässliche Voraussetzung für die Durchsetzung der Interessen chronisch kranker Menschen ist.
Lassen Sie mich an dieser Stelle nur auf einen Aspekt Ihres politischen Engagements eingehen, auf die gesundheitspolitische Arbeit.
Selbsthilfe in der Gesundheitspolitik ist ein an Bedeutung zunehmendes Thema. Eine Gesundheitspolitik, die ihre finanziellen Ressourcen auf wesentliche Bedarfe und zukunftsweisende Leistungen konzentrieren muss, kann nicht daran vorbei, die Erfahrungen der Betroffenen einzubeziehen.
Seit dem 1. Januar 2004 ist die Patientenvertretung an der Arbeit des Gemeinsamen Bundesausschusses, des so genannten „kleinen Gesetzgebers für die gesetzliche Krankenversicherung“, beteiligt. Durch das gesetzlich verankerte Mitberatungsrecht der Patientenorganisationen finden Erfahrungen und Einschätzungen chronisch kranker und akut kranker Menschen Eingang in die maßgeblichen Entscheidungen, zur Konkretisierung der Leistungen und Versorgungsstrukturen im Bereich der sozialen Krankenversicherung. Dabei will ich auch an dieser Stelle anmerken, dass die Rahmenbedingungen für die Patientenbeteiligung und die Qualität der Mitwirkung maßgeblich verbessert werden müssen.
Einige hier im Auditorium wissen, welchen Umfang die Materialien haben, die die Patientenvertreter für die Vorbereitung dieser Sitzungen zu bewältigen haben. Oftmals sitzen den Patientenvertretern, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich mehrere hundert Seiten Sitzungsunterlagen durchgearbeitet haben, hochspezialisierte Profis der Ärzte- und Kassenseite gegenüber, denen überdies von ganzen Abteilungen zugearbeitet wird.
Eine strukturelle und finanzielle Stärkung der Selbsthilfe ist daher künftig zwingend notwendig, da vieles, was derzeit durch beherztes, unermüdliches Engagement Einzelner wettgemacht wird, auf Dauer so nicht geleistet werden kann.
Sie, liebe Borgi Winkler-Rohlfing, haben sich in besonderem Maße in den Ausschüssen ambulante Behandlung im Krankenhaus und Arzneimittel engagiert, in die Sie über die BAG SELBSTHILFE als sowohl sehr sachkundige als auch eindeutig der Selbsthilfe zugehörige Patientinnen- und Patienten-Vertreterin entsandt wurden.
Zwei besonders wichtige Anliegen möchte ich nennen, weil sie für das konkrete Versorgungsgeschehen von außerordentlicher, im Einzelfall sogar existentieller Bedeutung sind:
Der „off-label-use“ verschreibungspflichtiger Medikamente muss dort, wo er medizinisch notwendig ist, wo gleichwertige Therapie-Alternativen fehlen, weiterhin möglich sein.
Die Schaffung von Spezialambulanzen an Krankenhäusern, in denen mit gebündelter Fachkompetenz behandelt wird, muss erleichtert und vorangetrieben werden.
In diesem Sinne haben Sie sich in den Gremien des Gemeinsamen Bundesausschusses, aber auch in öffentlichen Stellungnahmen und Äußerungen für eine Verbesserung der Versorgung von LE-Betroffenen und von vielen anderen chronisch kranken Menschen eingesetzt. Diese Anliegen sind sowohl in der ACHSE, in dessen Vorstand wir in sehr konstruktiver und angenehmer Weise zusammenarbeiten, als auch in der BAG SELBSTHILFE aufgenommen worden.
Lassen Sie mich noch einmal betonen:
Bei der vielfältigen und umfangreichen Aufgabe der Interessenvertretung sind wir auf die Mitarbeit, Hilfe und Fachkompetenz unserer Mitgliedsorganisationen angewiesen. Die BAG SELBSTHILFE vertritt als Dachverband von fast 100 Bundesverbänden und 14 Landesarbeitsgemeinschaften die Interessen von ca. 1 Mio. Einzelmitgliedern. Beeindruckende Zahlen – aber unser größtes Kapital ist Ihr Wissen, Ihre Fachkompetenz, Ihre Unterstützung, die Sie durch Ihre Erfahrungen und durch Ihr Engagement als Betroffene in unsere Arbeit und in unsere eigenen Arbeitskreise einbringen.
Unterstützen Sie sich als Patientinnen und Patienten selbst, indem Sie uns alle durch Ihre Mitgliedschaft und Mitarbeit in der Lupus Erythematodes Selbsthilfevereinigung, und damit auch in der BAG SELBSTHILFE, auf der politischen Ebene stärken.
In diesem Sinne möchte ich Ihnen allen noch einmal unseren Respekt und unseren Dank ausdrücken für 20 Jahre engagierte Arbeit, die Sie geleistet haben. Ich wünsche Ihnen auch für die nächsten 20 Jahre erfolgreiche Arbeit. Die BAG SELBSTHILFE wird Sie dabei nach Kräften unterstützen.
Christoph Nachtigäller
Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE