Grußwort der Rheuma-Liga NRW
Zum 20jährigen Bestehen der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V. übersende ich herzliche Glückwünsche
Dieses Jubiläum ist ein guter Grund zu feiern und mit Stolz zurückzublicken auf:
das in diesen 20 Jahren manchmal mühevolle Erreichte,
die erfolgreiche Arbeit der vielen, vielen Ehrenamtlichen, die diese Gemeinschaft auf- und ausgebaut haben und erhalten,
das erfolgreiche Zusammenwirken von Ärzten, Förderern und Betroffenen, durch das es gelungen ist, die Gesamtsituation der an Lupus Erythematodes Erkrankten nachhaltig und entscheidend zu verbessern.
Die zurückliegenden Erfolge machen Mut, beschrittene Wege gemeinsam weiter zu verfolgen, neue hinzuzufügen und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.
Lupus Erythematodes ist eine seltene Immun-Erkrankung. Sie gehört zum Formenkreis der rheumatischen Krankheiten. Warum dann aber seit 20 Jahren eine LE-Selbsthilfegemeinschaft, obwohl es seit 36 Jahren die Deutsche Rheuma gibt?
Nun, in den Anfangsjahren der Selbsthilfebewegung Rheumakranker galt es, Aufbauarbeit zu leisten, Ziele zu definieren. Diese waren eine deutliche, nachhaltige Verbesserung der medizinischen, beruflichen und psycho-sozialen Situation rheumakranker Menschen. Dabei sollte der von Rheuma Betroffene vom behandelten zum handelnden Patienten werden, der sich eigenverantwortlich einbringt in die Behandlung seiner persönlichen Erkrankung. Ein hohes Ziel und ein weiter Weg, der die Vermittlung von Informationen und Wissen ebenso erforderte wie den Erfahrungsaustausch, Beratung, Begegnung und Betreuung. Parallel dazu entwickelte sich die verbandliche Selbsthilfe, die gemeinsame Interessen und Ziele formulierte und vertrat.
Das Engagement aller in der Deutschen Rheuma-Liga bei der Verfolgung der Ziele war immens hoch, und so stand in den Aufbaujahren erst einmal hauptsächlich die Rheumatoide Arthritis, damals noch Chronische Polyarthritis genannt, im Augenmerk des Verbandes. In diesem Aufbruchs- und Gestaltungszeitraum fühlten sich dadurch jedoch viele der zahlenmäßig wenigen Betroffenen mit LE in der Rheuma-Liga nicht hinreichend in ihren besonderen Bedürfnissen vertreten und gründeten die LE Selbsthilfegemeinschaft. Ihre Entwicklung, ihre Aktivität verlief ähnlich der Arbeit der Deutschen Rheuma-Liga, und die Erfolge zeigen, dass dieser viele Jahre als Abspaltung empfundene Weg zur Bereicherung und zur Stärkung führte. Im Rückblick kann dieser Schritt zur eigenständigen Interessenvertretung zur damaligen Zeit als der notwendige angesehen werden, da er, bei damals noch nicht vorhandenen Strukturen für seltene Erkrankungen innerhalb der Rheuma-Liga, zu einer Verbesserung der Versorgungsstrukturen für LE-Erkrankte führte.
Die Behandlungsmöglichkeiten haben inzwischen auch beim Lupus erythematodes rasante Fortschritte gemacht. Dennoch verändert die Erkrankung, wie alle chronischen rheumatischen Erkrankungen, in einschneidender Weise Lebensentwürfe, Lebensstile, ja Existenzbedingungen. Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit ist kaum erreichbar. Und so setzte und setzt die Hilfe zur Selbsthilfe auch der LE-Gemeinschaft bei dem einzelnen Betroffenen an. Information und Wissen lassen ihn vom erduldenden zum duldenden Patienten werden, der im Wissen um seine persönliche Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten zur „Gesundheit in der Krankheit“ gelangt.
Denn Gesundheit ist mehr als Abwesenheit von Krankheit. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, das Treffen eigener Entscheidungen, der Wille zur Mitgestaltung des Lebens, die Übernahme von Verantwortung auch für die eigene Krankheit, all das sind Zeichen der „Gesundheit“.
Information, Austausch mit anderen Betroffenen, Aktivität, Lebensmut und Lebenslust sind Therapeutika, die zur Akzeptanz von Krankheit führen, und so ist ein Ziel der individuellen Selbsthilfe, dass der chronisch Kranke trotz seines Leidens in weiten Teilen zur „Gesundheit“ im o.g. Sinne gelangt. Das aber gelingt nur in der Gemeinschaft. Hier ist die Aktivität der Selbsthilfe, wie in der Rheuma-Liga und in ihr die der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft, für den einzelnen Betroffenen nicht hoch genug anerkannt.
Dabei wird nur zu deutlich, dass in Zeiten, in denen das wirtschaftliche Denken den Patienten in den Hintergrund treten lässt, in denen Rationalisierungen zu einer Entpersönlichung in der Medizin führen, das Angebot der Selbsthilfe, die Interessen der Betroffenen zu vertreten, von entscheidender Wichtigkeit ist. Dies gilt umso mehr, als bei einer seltenen Erkrankung die Gefahr des fehlenden öffentlichen Interesses besteht.
Und so gilt es insbesondere den Ehrenamtlichen eine besondere Anerkennung auszusprechen, die mit einem enormen Kraft- und Zeitaufwand unter Einbringung ihrer personalen, fachlichen und sozialen Kompetenz die Ziele ihrer Solidargemeinschaft weiter verfolgen.
Doch nichts ist beständiger als der Wandel.
Es ist kälter geworden in unserem Land, das Wort „Solidarität“ wird zunehmend geringschätzig den Ewig-Gestrigen zugewiesen.
Individualisierung, Entsolidarisierung, Partikularinteressen und Gewinnmaximierung kennzeichnen unsere Gesellschaft. Begriffe wie Stabilitätsmaßnahmen, Eigenverantwortung, Reform und Vorsorge sollen beruhigen, führen aber zu zunehmender Verunsicherung und abnehmender Solidaritätsbereitschaft.
Angesichts dieser Veränderungen, die begleitet werden von leeren Kassen und fortlaufenden gesetzlichen Maßnahmen im Gesundheitswesen, muss die Selbsthilfe darauf achten, dass erreichte Fortschritte nicht gefährdet werden.
Zwar muss jeder Verein Selbsthilfe individuell gestalten, soweit es die medizinische Behandlung und spezielle Fragen der Krankheitsbewältigung betrifft, doch gerade in heutiger Zeit gilt es, Allianzen zu schmieden, Zusammenschlüsse zu tätigen, Freunde und Mitstreiter zu gewinnen.
Viele Bereiche der gesundheitlichen Selbsthilfe sind übergeordnet. Die LE-Selbsthilfegemeinschaft hat dies früh erkannt und sich der Deutschen Rheuma-Liga angeschlossen, um mit ihr und in ihr die Interessen der Betroffenen zu vertreten.
Die Deutsche Rheuma-Liga NRW e.V. verbindet mit der LE-Selbsthilfegemeinschaft eine freundschaftliche, unterstützende Kooperation. In einer sich verändernden Gesellschaft, die auch zu Veränderungen in den Verbänden der Selbsthilfe führt, haben wir uns bereits auf den Weg der Zusammenarbeit begeben. Zukünftig wird es darum gehen, zu noch größerer Solidarität miteinander zu gelangen, neue Kooperationsformen zu finden und Gemeinsamkeiten herauszustellen, wenn wir die Ziele der Selbsthilfe auch weiterhin erfolgreich verfolgen wollen.
Die LE-Selbsthilfegemeinschaft ist dabei auf gutem Wege.
Ich wünsche ihr im Namen der Deutschen Rheuma-Liga NRW e.V. eine weiter gleich bleibend erfolgreiche Zukunft, ein nicht endendes Engagement, Kraft, Mut und Zuversicht.
Ihr
Helga Germakowski
Präsidentin der Deutschen Rheuma Liga NRW e.V.