Vereinsgeschichte
30 Jahre Selbsthilfegemeinschaft
Liebe Ehrengäste, liebe Regionalgruppenleiterinnen und –leiter, liebe Gäste aus nah und fern.
Die Geschichte unserer Selbsthilfegemeinschaft ist eine lange Erfolgsgeschichte. Alle, die sie kennen, werden mir beipflichten und ich werde diese auch im Folgenden genauer darstellen, doch möchte ich damit beginnen zu sagen, dass unsere Vereinsgeschichte eine große Geschichte des Ehrenamtes und seiner Förderer und Unterstützer ist.
Allen voran sind es bis heute Lupus-PatientInnen selbst – zum Teil schwer erkrankt -‚ die die Arbeit des Vereins leisten und ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist. Dazu kommen Angehörige, vor allem aber auch Ärztinnen und Ärzte, die in unzähligen Stunden ihrer Freizeit bereit waren, dort Hilfe zu leisten, wo wir sie zahlreich erbeten haben. Und dann nicht zu vergessen, die Förderer und Sponsoren, ohne deren Unterstützung wir ebenfalls vieles nicht hätten verwirklichen können.
Ihnen allen möchte ich heute von Herzen danken, denn nur die Summe jedes einzelnen Beitrages an den verschiedensten Orten und Zeiten zusammen ist das, was verdient, Geschichte der Selbsthilfegemeinschaft genannt zu werden.
Ein ganz besonderer Dank geht dabei an GSK, Lilly, Pfizer und AstraZeneca für die finanzielle Unterstützung unserer heutigen Veranstaltung und an Simone Pretis und die Mitglieder ihrer Regionalgruppe Würzburg für die Planungen vor Ort, sowie die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle.
Begonnen hat auch unsere Geschichte klein, aber was wäre eine Geschichte, ohne diesen Anfang! Diesen hat mit unglaublicher Kraft, Weitsicht und Beständigkeit Karin Hilmer, heute Pätsch, geleistet. Von daher ist es sehr schade, dass ausgerechnet sie als unser Ehrenmitglied unserer Einladung zu dieser Festveranstaltung nicht hat folgen können. Frau Hilmer war es, die im September 1985 mit einem Aufruf im WDR nach anderen Lupus-PatientInnen suchte, weil sie sich nicht damit abfinden wollte, dass „die düstere Zukunftsperspektive die einzige für eine Lupus-Patientin sein sollte“. Beim ersten Treffen im Januar 1986 waren es durch den Aufruf schon 40 Betroffene geworden und aus der Kraft der neuen Gemeinschaft und gemeinsamer Anliegen, kam es am 11. Oktober 1986 zur endgültigen Gründung des Vereins, von dessen Gründungsvorstand Herr Prof. Mattern heute unter uns ist.
Dass Ärzte und Ärztinnen uns bei unserem Unternehmen Selbsthilfe begleiten sollen und müssen, war ebenfalls eine Grundentscheidung von Karin Hilmer, der wir bis heute treu geblieben sind. Aber sie sagte schon damals gegen so mancherlei Widerstände und Unglauben, „wir brauchen sie, weil wir als Patienten mehr über unsere Erkrankung wissen wollen, aber genauso wichtig ist es uns, dass Ärzte etwas von uns als Patienten lernen können und müssen“. Wir sind die Experten unserer Erkrankung, wir wissen, wie Lupus sich in unserem Körper anfühlt und was es bedeutet, mit Lupus, den Therapien und auch den Therapeuten leben zu müssen.
Prof. Schneider begleitet die Selbsthilfegemeinschaft seit dem ersten Gründungstreffen im Januar 1986 mit immensem Einsatz bis 2012 als Mitglied des Vorstandes und nun als Vorsitzender des Kuratoriums, sowie als Herausgeber des neuen Lupus Buches, auf das wir alle freudig warten. Dafür hat er zu Recht alle Ehrungen unseres Vereins bis hin zur Ehrenmitgliedschaft erhalten und ich freue mich, dass er sich heute bereit erklärt hat, den einen Ehrenvortrag zu halten.
Es hat mich sehr beeindruckt, als er einmal auf einem Workshop erzählte, wie sehr ihn die Begegnung mit der Selbsthilfegemeinschaft und den PatientInnen auf einer anderen Ebene als im Sprechzimmer verändert hat und wie viel er gelernt hat. Wir freuen uns, dass es heute noch viel mehr ÄrztInnen gibt, die sich von dieser Erfahrung haben anstecken lassen, die bereit sind, von PatientInnen zu lernen und die bereit sind, uns PatientInnen zu lehren und an ihrem Wissen teilhaben zu lassen.
Eine weitere wichtige Grundentscheidung, der wir ebenfalls bis heute folgen, war es, das Verhältnis von Betroffenen und ärztlichen Beisitzern festzulegen. So sehr wir das ärztliche Wissen brauchen, um sachkundig und kompetent arbeiten zu können, so klar war und ist uns jedoch auch, dass wir Selbsthilfe von Betroffenen für Betroffene sein wollen. Ärztliche Beisitzer sind von daher unverzichtbar für unsere Arbeit, aber sie stellen nicht die Vorsitzenden und sie bilden keine Mehrheit im Vorstand, so dass sie unseren Weg zwar maßgeblich und mit größtem Arbeitseinsatz ehrenamtlich begleiten, letztlich aber nie den Weg der Selbsthilfegemeinschaft bestimmen können. Wir betrachten dies nicht als Einschränkung ihres Wirkens für uns, sondern als den Einsatz für den wir sie brauchen. Wir sind unendlich dankbar, dass zur Zeit Prof. Aringer aus Dresden ihn seit 2007 erbringt und Prof. Voll aus Freiburg seit 2012 die Nachfolge von Herrn Prof. Schneider angetreten hat.
Alle Ärzte und Ärztinnen haben nicht nur viele, viele Stunden und Jahre in unsere Arbeit gesteckt, sie sind auch ein Aushängeschild für unsere medizinische Sachkompetenz. Ich werde darauf später noch zurückkommen.
Bezüglich der Struktur unseres Verbandes haben wir 2014 zwei wichtige Änderungen vorgenommen. Zum ersten haben wir dem Vorstand das Recht eingeräumt, bis zu 3 Beisitzer in den Vorstand zu berufen, insbesondere um Kandidaten für eine Nachfolge schon vorab einen Einblick in die Arbeit zu geben. Diese Änderung hat sich schon bewährt, denn bei der nachfolgenden Wahl konnten alle Posten aus ehemaligen Beisitzern besetzt werden.
Eine andere Änderung war die Einführung einer 3. Vorsitzenden, um die Arbeit auf noch mehr Schultern zu verteilen und andererseits beim Wechsel einer Vorsitzenden leichter eine Nachfolge zu finden. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, wird sich erst noch zeigen müssen.
Die Zahl unserer Mitglieder wuchs über viele Jahre rasant und ich glaube, wir dürfen es durchaus als Zeichen der Qualität unserer Arbeit werten, dass dies bis heute annähernd geblieben ist.
Die Anzahl der Regionalgruppen hat ein ähnliches Wachstum und korreliert mit den Mitgliederzahlen, was die bleibend hohe Bedeutung der Regionalgruppen als Ansprech- und Treffpunkte vor Ort deutlich macht. Schon 1990 fiel die Entscheidung, dass die Gruppenleiterinnen eine spezielle Unterstützung benötigen. Zunächst hat diese Aufgabe mit großem Einsatz Karin Billen, heute Hocks, für fast 9 Jahre übernommen – ihr folgte 2001 Steffi Engel, die einer Grundsatzentscheidung folgend nach der Wiedervereinigung als 2. Vorsitzende aus den neuen Bundesländern kam. Nach Ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand 2015 wurde diese Aufgabe von Mira Winterstein übernommen. Niemand besser als die Regionalgruppenleiterinnen können bestätigen, wie wichtig diese Aufgabe zur Unterstützung der Regionalgruppen für die Arbeit vor Ort ist. Deshalb haben wir auch die Anzahl der Fortbildungsseminare im Jahr erhöht und laufende Rundbriefe und Rundmails eingeführt, damit alle wichtigen Informationen und Neuigkeiten für die Arbeit schnell vorliegen.
Die allerersten Gruppen entstanden nach den Treffen in Dortmund, in Köln, Wuppertal/Solingen, Bielefeld und am Niederrhein (Kaarst). Aber schon bald folgten weitere im Saarland, in Bremen und Recklinghausen. Manche Gruppen schließen nach Jahren wieder, andere existieren über Jahrzehnte. Heute sind wir mit fast 80 Gruppen überall in Deutschland vertreten und die nächsten Gruppengründungen sind bereits konkret in Planung. So kommen wir unserem Ziel immer näher, ein Netz von Regionalgruppen über ganz Deutschland zu spannen.
Dieser Entwicklung und den immer größer werdenden Anforderungen an die Selbsthilfe haben wir 2001 durch eine Neustrukturierung des Vereins Rechnung getragen, indem wir ein Delegiertensystem einführten, dass diejenigen, die als Gruppenleiterinnen die Arbeit vor Ort leisten und von daher die Anliegen, Wünsche und Sorgen der Betroffenen vor Ort am besten kennen, zu stimmberechtigten Vertretern in unseren Jahresversammlungen machten. Diese Umstellung hat sich in der Rückschau absolut bewährt, weil nun nicht mehr eine kleine regionale Mehrheit von Mitgliedern, sondern gewählte Vertreter aus ganz Deutschland den Weg unserer Selbsthilfegemeinschaft repräsentativ bestimmen.
Schon zum 10 jährigen Jubiläum 1996 schrieb Karin Hilmer „Auch die Patienten haben sich (inzwischen) verändert, sie schauen nicht mehr ängstlich in die Zukunft, sondern suchen selbst nach Möglichkeiten etwas beizutragen, um ihre Krankheit positiv zu beeinflussen.“ Dieses wichtige Ziel konnte neben Gruppentreffen nur durch umfangreiche und immer aktuelle Informationen erreicht werden.
Am Anfang waren es Faltblätter und Artikel um Artikel für wissenshungrige Betroffene, die endlich irgendetwas über Lupus erfahren wollten. Diese wurden in unermüdlicher Fleißarbeit vor allem von Prof. Mattern erstellt. Heute existieren neue Flyer, die farbig und mit Bildern Betroffene direkt ansprechen sollen und mit gesichertem medizinischem Wissen von unseren ärztlichen Beisitzern gefüllt wurden.
1973 erfolgte die erste Auflage des Lupus-Buches von Prof. Schneider, das erstmals systematisch zu allen Organbeteiligungen und Untersuchungen Informationen für Betroffene und Angehörige bereitstellte und 2004 in erweiterter Neuauflage erschien. Noch in diesem Jahr erwarten wir nun die dritte Auflage, die allen noch deutlich mehr Informationen liefern wird. Wir sind Herrn Prof. Schneider sehr dankbar, dass er sich noch einmal zu dieser dritten Auflage bereit erklärt hat.
Wichtigstes Organ aber wurde schnell der Schmetterling, der zwar sein Erscheinungsbild mit der Zeit ein wenig wechselte, aber im Kern blieb, was er von Anfang an sein sollte: ein Informationsblatt mit allen neuen Erkenntnissen rund um den Lupus.
Das Heft erschien zunächst 3-mal, seit 1990 4-mal jährlich und wuchs im Laufe der Jahre beständig an Umfang. Zur großen Aktualität beigetragen hat sicherlich, dass wir das Heft seit 1993 selber setzen und damit die Zeiten bis zum Druck wesentlich verkürzen konnten. Inzwischen erscheint das Heft sogar in Farbe und ist damit noch ansprechender geworden. Dies alles würde uns jedoch nichts nützen, wenn nicht Ärztinnen und Ärzte unserer immer und immer wieder drängend vorgetragenen Bitte um patientenverständliche Beiträge Gehör schenken würden. Dafür unseren ärztlichen Beisitzern, den anwesenden und auch den nicht anwesenden Ärztinnen und Ärzten einen ganz herzlichen Dank! Und ein ebensolcher an unsere Druckerei Gebrüder Hoose in Bochum, die mit jeder Hilfe zu Seite steht, wenn mal wieder etwas nicht klappt oder wir arg spät dran sind.
Neben dem Schmetterling waren es große Workshops und Seminare für Patienten, die zur Fortbildung und damit zum neuen Selbstbewusstsein der Patienten beitrugen. Es begann mit Prof. Schneider in Münster und der Fortsetzung in Düsseldorf, es folgten Frau Prof. Gromnica-Ihle in Berlin-Buch, Prof. Herzer in München und Dr. Dirschka in Bochum, mit denen wir auch heute noch in Kontakt sind. Inzwischen sind solche Veranstaltungen mit 3 – 6 großen Workshops jährlich Bestandteil des regulären Programms und werden von vielen Betroffenen gerne zur Information genutzt.
Auch das Seminarangebot hat sich erheblich erweitert: Wer sich ehrenamtlich engagieren will, wird bei uns in einem Anfängerseminar für seine Aufgaben geschult und bekommt während seiner Amtszeit nicht nur ständig zweimal im Jahr die Möglichkeit sich fortzubilden, sondern kann im Supervisions- oder Trauerseminar Fragen und Probleme ansprechen und sich im Kommunikationsseminar für sein Auftreten schulen lassen. Dazu kommt das regelmäßige Angebot eines Kommunikationstrainings, um gut vor der Gruppe und besser mit anderen reden zu können.
Aber auch die Mitgliederseminare haben stark zugenommen. Jedes Jahr gibt es ein Jugendseminar oder eine Jugendwoche für Mitglieder von 16-26, die sich mit spezifischen Fragen dieser Altersgruppe beschäftigen. Das gleiche gilt für das Männerseminar. Als besonders wichtig und richtig hat sich das Schwangerschaftsseminar erwiesen, das junge Frauen anspricht, die lang- oder kurzfristig eine Schwangerschaft planen. Galt es zu Beginn unseres Vereins noch der Satz: „Mit Lupus keine Schwangerschaft“, so können wir auf die stolze Bilanz hinweisen, dass die Teilnehmerinnen unserer Seminare nach der Schulung keine Kinder verloren haben, sondern 30 gesunde Babys zur Welt gebracht haben. Ein weiteres Angebot gilt den Betroffenen mit Hautproblemen. Wenn auch nicht so gefährlich wie eine akute Nierenbeteiligung, kann der psychische Druck einer entstellenden Rötung mehr als belastend werden. Wir klären über Behandlungsmöglichkeiten auf und schulen die Anwesenden in der Anwendung der Camouflage, durch die Entstellungen sehr gut überdeckt werden können.
Ein weiteres, immer wichtiger gewordenes Medium stellt das Internet dar. Hier sind wir dank unseres Informatikers schon seit Anfang 1997 mit einer eigenen Homepage und schon kurze Zeit später mit einem sehr intensiv genutzten Diskussionsforum vertreten.
Wer unsere Homepage regelmäßig besucht, konnte feststellen, dass er uns zum 20 jährigen Jubiläum noch einmal eine neue Homepage geschenkt hat, die nicht nur das Corporate-ldentity Design unseres Vereins hat, sondern auch den Anforderungen einer barrierefreien Homepage entsprach, ein Intranet für die Gruppenleiterinnen und ein mit Suchfunktion ausgerüstetes Diskussionsforum hatte. Dank seines unermüdlichen Einsatzes als Programmierer für den Verein können wir die Homepage damit auch weiterhin völlig werbefrei halten und verfügen im Büro über ein stets funktionierendes Netzwerk von Computern.
Nun wird es auch zum 30jährigen Jubiläum wieder eine neue Homepage geben, denn die Zeiten und die technischen Möglichkeiten ändern sich. Zukünftig sollen sich alle Pfade stärker an den Interessen der Suchenden orientieren. Dazu kommt, dass sich mit der neuen Homepage auch Eingaben und Änderungen schneller und einfacher durchführen lassen, so dass Sie viel öfter aktuelle Meldungen finden werden.
Einzug haben auch neue Medien wie Facebook und WhatsApp genommen, über die sich TeilnehmerInnen vor und nach Seminaren oder die Regionalgruppenleitungen untereinander vernetzen. So sehr sich der Zusammenhalt und der Informationsaustausch damit wesentlich verbessern lässt und für uns unverzichtbar geworden ist, so sehr sollten wir trotzdem immer wieder darauf achten, dass aus Datenschutzgründen keine ganz persönlichen Gesundheitsdaten kommuniziert werden.
Vergessen werden darf bei der Patienteninformation aber auch nicht die Patientenschulung zu Lupus, die in enger Zusammenarbeit mit der DGRh und unserem Verein entstanden ist. Hier ist namentlich Frau Prof. Gromnica-Ihle und Herrn Prof. Schneider zu danken. Es ist nach wie vor tief bedauerlich, dass nicht alle PatientInnen in angemessener Zeit nach der Diagnose in den Genuss dieser Schulung kommen, die ihren vielfachen Wert für die Patienten gezeigt hat, den besseren Verlauf der Erkrankung ermöglichen und damit letztlich auch die Therapiekosten senken kann. Wir sind weiterhin bestrebt, die Durchführung dieser Schulungen zu ermöglichen. Zurzeit werden andere Schulungen der Rheumatologie überarbeitet, wir setzen uns dafür ein, dass dies auch für die Lupus Schulung passiert.
Neu im Programm haben wir seit einigen Jahren einen Kurs zum Empowerment, also zur Fähigkeit, sich gut mit der Erkrankung auseinandersetzen zu können. Unter dem Namen „Herausforderung Lupus – Nimm Dein Leben in die Hand“ bieten wir regelmäßig Seminare vor allem für Neuerkrankte an, die unter Anleitung zertifizierter Leiterinnen in gemeinsamen Kursen lernen, die Herausforderung der Erkrankung anzunehmen. Frau Winkler-Rohlfing und Frau Winterstein sind derzeit für unseren Verein zertifiziert und leiten diese Seminare, die meist schon ausgebucht sind, bevor sie im „Schmetterling“ angeboten werden.
Einen Wendepunkt größter Art und damit eines der wichtigsten Ereignisse in unserer Vereinsgeschichte war die Tatsache, dass Frau Karin Clement die Schirmherrschaft über unseren Verein übernahm. Schon 1996 nahm sie an unserer Feier zum 10jährigen Jubiläum teil und war nach eigenen Worten beeindruckt von der „wirklichen Gemeinschaft in freundschaftlicher Atmosphäre“. Wir hatten sie uns seinerzeit ausgewählt, weil wir glaubten, dass sie als Mutter von 5 Töchtern bestens ermessen kann, was es bedeutet, wenn vornehmlich junge Frauen an Lupus erkranken. Sie nahm uns dann aber erst noch sehr gründlich unter die Lupe, bevor wir sie am 5. September 1998 dem 19. Geburtstag ihrer jüngsten Tochter – endlich als Schirmherrin begrüßen durften.
In ihrer Begrüßungsrede sagte sie damals, dass sie als Tochter eines Mediziners und während des Krieges geboren, schon früh gelernt habe, dass „Krankheit“ und „Helfen“ ganz eng zusammen gehören. Was dieser Satz für sie bedeutet, haben wir und ganz besonders nah auch ich in den vielen Jahren intensiv erleben dürfen. Ihr Begrüßungsgeschenk an uns war ein großes Benefiz-Konzert mit Herrn Müller-Brühl. Ees folgten weitere große Ereignisse auf dem Petersberg, bei den Köchen in Bochum, ein Kochbuch und viele, viele Spenden. Dazu kamen auch Veränderungen, die bis heute anhalten.
Insbesondere der Start und die Finanzierung der LuLa-Studie für die ersten 10 Jahre haben wir ihr zu verdanken.
2010 haben wir Frau Clement auf eigenen Wunsch verabschiedet. Unsere große Dankbarkeit für einen wirklich beeindruckenden Einsatz haben wir ihr in einer kleinen Abschiedsfeier zukommen lassen, in deren Rahmen ihr zu Recht die Ehrenmitgliedschaft unserer Selbsthilfegemeinschaft verliehen wurde. Leider kann auch sie heute aus familiären Gründen nicht
Seit diesem Datum suchen wir eine Nachfolgerin, bzw. einen Nachfolger und haben schon viele Anfragen gestartet, leider bisher ohne Erfolg. Wir werden uns aber weiter darum bemühen, denn sowohl für die Öffentlichkeitsarbeit, als auch für das Spendeneinkommen ist eine Schirmherrschaft von immenser Bedeutung.
Noch größere Bedeutung aber hatte für uns, dass wir zum 1.1.2000 eine eigene kleine Geschäftsstelle anmieten konnten. Die Berge von Akten und Papieren, die in jeder Ecke der privaten Wohnung stapel- und kistenweise lagerten, können sich wohl nur Karin Hilmer und ich vorstellen, da wir über Jahre damit leben mussten. Wirklich entscheidend aber war, dass wir dort eine Bürokraft anstellen konnten, die eine regelmäßige Erreichbarkeit der Geschäftsstelle sicherstellen und viele Abläufe beschleunigen konnte. Heute kennt eigentlich jeder im Verein „unsere“ Frau Müller, die als gute Seele der Geschäftsstelle nicht mehr wegzudenken ist. Sie hat von Anfang an nie Dienst nach Vorschrift geleistet, sondern wurde so gar nicht selten „erwischt“, wenn sie irgendwelche dringende Arbeiten mal eben mit nach Hause nahm, weil man die „doch abends mal soeben nebenbei machen kann.“ Liebe Frau Müller, es ist einfach schön, Sie bei uns zu haben.
Nach einem Wasserschaden bekamen wir noch einen zweiten Büroraum und konnten dann Frau Obernier einstellen, die 13 Jahre unser Geschäftsstellenteam ergänzt und sich zur Fachkraft für den Wust von Anträgen und Verwendungsnachweisen entwickelt hat. 2006 ist Frau Strack zu uns gestoßen, die die Buchhaltung für den Verein führte, die bisher ehrenamtlich erfolgt war. Diese beiden Damen haben uns 2016 verlassen, um in den Ruhestand zu gehen oder eine volle Stelle an anderem Ort anzutreten. Wir danken beiden sehr für ihre gute Arbeit für den Verein. Die Nachfolgerin für Frau Obernier ist Frau Malangeri, die über die bisherigen Arbeiten hinaus auch die Homepage und den Schmetterling betreuen wird. Die Nachfolgerin für die Buchhaltung ist Frau Popal, die selbst LE-Patientin ist.
Mira Winterstein fing am 1.1.2009 in der Geschäftsstelle an, um JuLE weiter zu betreuen, die sie einst ins Leben gerufen hat. Darüber hinaus betreut sie die RegionalgruppenleiterInnen und organisiert die Seminare. Rein ehrenamtlich leitet sie zusammen mit Frau Winkler-Rohlfing seit rund 10 Jahren alle Seminare und betreut mit ihr die Workshops und Kongresse.
Auch unser Büro hat sich weiter entwickelt, im Laufe der Jahre haben wir noch ein Lager dazu bekommen und sind 2014 schließlich eine Etage tiefer gezogen. Wir haben nun 2 verbundene Arbeitsräume und zusätzlich zum Lager auch noch einen Tagungsraum, um dort Sitzungen und Gruppentreffen abzuhalten. Damit sind nach vielen Bränden, Wasserschäden und dem großen Umzug nun alle Arbeitsbedingungen optimal und wir hoffen, hier noch lange gut arbeiten zu können.
Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft und Forschung gehören schon von Anfang an zusammen. Die kleine folgende Übersicht mag Ihnen verdeutlichen, wie viele Projekte im Laufe der Jahre zusammengekommen sind und von uns gefördert, ausgezeichnet oder finanziert wurden. Wobei natürlich nicht unerwähnt bleiben darf, dass uns die Vergabe eines unabhängigen Forschungspreises nur durch unsere Schirmherrin möglich war.
Forschungsunterstützung
- 1992- 1994
Erste Verlaufsstudie zu LE
PD Dr. Schneider, Münster - 1997/98
Apoptose und Bedeutung für SLE
Dr. A. Perniok Düsseldorf - 1998/1999
Gerinnungsstörungen bei LE
Dr. A. Perniok Düsseldorf - 2002 Konsenskonferenz zur Entwicklung von Response Kriterien für Lupus
Erstes Weltweites Treffen von Lupologen in Düsseldorf
Forschungspreise
- 1999: Auswirkungen von psychischem Stress auf Immunfunktionen und die Krankheitsaktivität bei Patientinnen mit SLE und rheumatoiderArthritis
Gruppe um Dipl. Psych. C. Pawlak - 2002: Erhaltung von Fertilität und Ovarial- funktion bei jungen Patientinnen mit systemischen Lupus erythematodes unter Therapie mit zytostatischen Substanzen
Gruppe um Prof. Dr. B. Manger - 2005: Entwicklung neuer Medikamente auf der Grundlage der Erforschung von Clearence Defekten
Prof. Dr. M. Herrmann, Dr. U. Gaipi
Unser bisher größtes Forschungsprojekt aber ist die Lupus-Langzeit-Studie, unsere LuLa-Studie, die seit 2001 gemeinsam mit dem Team von Prof. Schneider der Uniklinik Düsseldorf läuft. Zunächst auf 10 Jahre angelegt, sowie mit einem hochkarätigen Beirat begleitet, waren rund 800 Lupus-Patienten beteiligt. Unser Dank geht an alle, die dieses Projekt unterstützt haben. Sei es in der Auswertung oder im Beirat. Nach 10 Jahren sollte die Studie eigentlich enden und auch die Mittel der Selbsthilfegemeinschaft waren erschöpft. Aber die mehr als spannenden Ergebnisse und der Wert der erhobenen Daten ließ den Entschluss einer Fortsetzung reifen. Mit GSK und UCB konnten 2011 zwei Pharmafirmen gefunden werden, die zunächst weitere 5 Jahre finanzierten. Zugleich wurde in diesem Jahr die Studie erweitert und um eine Kohorte mit Neuerkrankten erweitert, deren Diagnose nicht älter als 2 Jahre war. An dieser Gruppe gilt es zu schauen, ob sie anders behandelt wird, ob neue Erkenntnisse um gesetzt werden und ob Schäden nach Jahren der Therapie geringer ausfallen. Nun sind auch diese 5 Jahre verstrichen und noch einmal ist eine weitere Fortsetzung geplant. Dafür müssen erneut Sponsoren gefunden werden, so dass erst 2017 die endgültige Entscheidung fallen kann, ob die Studie noch einmal fortgesetzt werden kann.
Wir danken aber allen, die sich an diesem Projekt beteiligt haben, denn nur so können wir Daten generieren, die uns in der Arbeit und Forschung helfen. Die riesige Datenbank, die die LuLa-Studie geschaffen hat, wird hoffentlich noch viele neue Erkenntnisse oder neue Fragestellungen erbringen.
Das zweite große Projekt ist unser Lupus-Pass. Immer wieder waren wir von unseren Mitgliedern nach einem Notfall-Pass gefragt worden, da viele Ärzte und Ärztinnen sich mit seltenen Erkrankungen wie Lupus nicht auskennen. Dieses Anliegen haben wir aufgenommen und mit einem Teil kombiniert, der PatientInnen aufzeigt, was sie selber zu einem guten Krankheitsverlauf und zu einem längeren Leben mit einer guten Lebensqualität beitragen können. Dazu weist der Pass zunächst auf alle Risikofaktoren hin, die dies verhindern könnten und hilft mit einer Ampel dabei, die richtigen Verhaltensweisen und Grenzwerte zu lernen. Dazu gibt es im losen Anhang noch einen Wertebogen, der hilft, die aktuellen Werte immer bei sich zu haben. Selbstverständlich haben wir auch dieses Projekt evaluiert und konnten zeigen, dass die PatientInnen nach Einsatz des Passes häufiger u.a. Bluthochdruck und zu hohes Cholesterin hatten. Natürlich hat der Pass die PatientInnen nicht kränker gemacht, sondern er hat sowohl PatientInnen wie Ärzten und Ärztinnen geholfen, mehr auf schlechte Werte zu achten. Damit konnten wir zeigen, dass der Lupus-Pass wirkt. Finanziert haben wir dieses Projekt mit Mitteln das BMG, welches den Lupus-Pass als beispielhaftes Projekt gefördert hat, nachdem wir ellenlange Anträge eingereicht hatten.
Nach diesem Erfolg wollten wir noch mehr Betroffene zur Nutzung des Passes motivieren und haben mit einem erneuten BMG-Projekt eine Schulung an zehn Orten zum Lupus-Pass durchgeführt. Die Evaluation zeigte dabei, dass wir durch konkrete Schulung noch mehr Interesse und Beteiligung am Lupus-Pass erreichen können. Insofern muss der Lupus-Pass ein Projekt ständiger Schulung bleiben. Zusätzlich wurde eine internetgestützte Plattform für den Lupus-Pass programmiert, die es ermöglicht, die eigenen Werte zu dokumentieren. Leider wird diese Plattform nicht so oft genutzt wie erhofft. Auch hier bedarf es noch weiterer Aufklärung zum Nutzen der Betroffenen.
Von größter Bedeutung ist für uns natürlich auch unsere Öffentlichkeitsarbeit, die sich sowohl auf Messen, Kongressen und Selbsthilfetagen vollzieht. Dabei sollen einerseits der bestehenden Unkenntnis über unsere Erkrankung begegnet werden, aber auch andere Betroffene über unsere Existenz und unser Beratungsangebot aufgeklärt werden.
Neben dem Einsatz der Geschäftsstelle wird diese Arbeit in ganz erheblichem Umfang von den Regionalgruppen vor Ort geleistet, die nicht müde werden, z.B. auf Selbsthilfetagen mit gebackenen Schmetterlingen oder Telefonaktionen am Welt-Lupus-Tag Lupus bekannter zu machen.
Ein Ziel unserer Arbeit ist es, neben der Öffentlichkeit und der Politik auch die Ärztinnen und Ärzte über unser Angebot aufzuklären. So besuchen wir schon seit Beginn der 90er Jahre regelmäßig den Rheumatologenkongress und seit 2005 auch den Dermatologenkongress. Dazu kommen jetzt verstärkt auch Besuche von Kongressen der Fachärzte, die bei einzelnen Organbeteiligungen konsiliarisch hinzugezogen werden, wie z. B. Nephrologen oder Kardiologen. Oft über viele Tage stehen wir deshalb mit unserem Messestand auf den Tagungen und nehmen auch an vielen Veranstaltungen teil.
Auch internationale Kontakte sind aus unserer Vereinsgeschichte nicht wegzudenken. Sehr schnell nach Gründung der Selbsthilfegemeinschaft wurde Kontakt zur Lupus Foundation of Amerika aufgenommen. Aus diesen Kontakten erwuchs der Wunsch, auch auf europäischer Ebene die Lupus-Kranken zu vereinen und unter großem Einfluss unserer Selbsthilfegemeinschaft, in Person von Rudi Hocks, kam es 1989 zur Gründung der ELEF. Inzwischen vertritt uns nach dem Tod von Herrn Hocks Simone Pretis auf europäischer Ebene in dieser Organisation, die sich inzwischen in Lupus Europe umbenannt hat und anlässlich unseres Jubiläums in diesem Jahr zum dritten Mal Gast mit ihrer Jahrestagung in Deutschland ist und an unserem Festabend heute teilnehmen wird.
Wichtige Projekte auf europäischer Ebene sind der Butterfly-Traveller für Reisen und die Erstellung von Patientenversionen von Leitlinien. Hoch interessiert ist man auf europäischer Ebene an unserer LuLa-Studie, dem Lupus Pass, sowie unserer politischen Arbeit.
Ein junges, aber sehr wichtiges Geschöpf unseres Vereins ist JuLE, die Jugendlichen mit Lupus erythematodes. Schon vor 16 Jahren war es Mira Winterstein, die mit bis heute nicht endendem Elan daran gearbeitet hat und arbeitet, die Jugendlichen, die ja nur eine kleine, aber eben besonders und meist schwerer betroffene Gruppe darstellt, zu vereinigen. In diesem Jahr feiert JuLE bereits 15-jähriges Jubiläum, wozu wir mit herzlichem Dank an Mira und alle Helfer gratulieren.
Inzwischen ist JuLE eine anerkannte Regionalgruppe im Sinne der Satzung und damit auch in der Delegiertenversammlung vertreten. Amtierende Jugendsprecherinnen sind zurzeit Anika Fauland, Kylie Wood und Wiebke Klein. Besonders erwähnenswert aber ist, dass wir die meisten neuen Ehrenamtlichen aus dieser Gruppe bekommen, worüber wir uns sehr freuen. Pünktlich zum doppelten Jubiläum ist auch eine neue Jugendbroschüre entstanden, die nicht nur medizinische Fragen beantwortet, sondern fast 40 Jugendliche mit ganz persönlichen Erfahrungsberichten zu verschiedenen Themen zu Wort kommen lässt.
Damit möchte ich zum letzten Punkt kommen, unsere Mitgliedschaft in verschiedenen Dachverbänden. Mit der Vereinsgründung begann die enge und gute Zusammenarbeit mit dem DPWV und seinem Wittener Kreis.
Es folgte dann nach längeren Verhandlungen 1989 die Mitgliedschaft im Bundesverband der Deutschen Rheuma-Liga, welche mit heute 300.000 Mitgliedern die größte Selbsthilfeorganisation im Gesundheitsbereich ist. Von 2001 bis 2012 hat Frau Winkler-Rohlfing auch im Vorstand der Rheuma-Liga ehrenamtlich mitgearbeitet und die Interessen der drei Mitgliedsverbände, sowie die Gesundheitspolitik vertreten. Wichtig war in den Jahren vor allem die Einrichtung der Spezialambulanzen nach SGB V §116 b, die eine bessere Versorgung für seltene Erkrankungen, sowie schwere Verläufe aus einer Hand ermöglichen sollte. Leider entwickelt sich die derzeitige spezialärztliche Behandlung nach dem neuen SGB V §116 c in eine ganz andere Richtung und verrät das ursprüngliche Ziel, gerade für komplexe und schwere Verläufe eine besondere vernetzte kompetente Versorgung zu schaffen.
Rheuma-Lotsin für seltene Erkrankungen
Die Deutsche Rheuma Liga hat im Jahr 2010 das Modell-Projekt der Rheuma-Lotsen begonnen, die betroffenen PatientInnen helfen sollten, sich im Dschungel des heutigen Gesundheitssystems zurechtzufinden. Dabei sollten zwei Lotsen in den Landesverbänden der Deutsche Rheuma-Liga arbeiten. Wir konnten erreichen, dass die Lotsin für seltene rheumatische Erkrankungen bei uns in der Geschäftsstelle eingesetzt wurde. Für sie wurde ein Arbeitsplatz geschaffen und Frau Winkler-Rohlfing hat Ihr am Anfang viele Kontakte vermittelt, sie über Lupus aufgeklärt und ihr die vielen Probleme seltener Erkrankungen verdeutlicht.
Leider lief dieses Projekt nach einer 4 jährigen Laufzeit aus, ohne dass eine Fortführung gelang, obwohl gerade bei den seltenen Erkrankungen ein immenser Bedarf besteht.
Nun übernehmen wir wieder für alle Lupus-PatientInnen diese Aufgabe. Allerdings können wir in der Regel keine langfristige, zeitaufwendige Einzelbetreuung ehrenamtlich leisten. Dies macht nochmal deutlich, dass vor allem Menschen mit seltenen rheumatischen Erkrankungen einer solchen Lotsin bedürfen. Denn diese Menschen haben nicht nur all jene Probleme, die auch Menschen mit häufigen Erkrankungen haben, sondern leben damit, dass es nur wenigen Spezialisten gibt, die man kennen und finden muss. Dazu kommt, dass viele der notwendigen Medikamente “off label“, also nicht für Lupus zugelassen sind. Und das, obwohl der Krankheitsverlauf gerade bei diesen Erkrankungen oft viel dramatischer und potentiell lebensbedrohlich ist.
Ein kleiner Trost ist, dass es die Beratung der ACHSE für Menschen ohne Diagnose gibt und die Lotsin für seltene Erkrankungen, die den Ärzten helfen kann, den Weg zur richtigen Diagnose zu finden.
Beratung im Ehrenamt
Auch in diesem Projekt hat sich Frau Winkler-Rohlfing besonders engagiert, da wir viel Wert auf Ausbildung und Qualifikation unserer ehrenamtlichen Berater und Beraterinnen legen. Dazu wurde in einem langen Prozess das Handbuch erstellt und dann unseren GruppenleiterInnen ausführlich vorgestellt und dann zur weiteren Nutzung zur Verfügung gestellt.
Alle, die bei uns neu anfangen, bekommen dies im Einführungsseminar vorgestellt und ausgehändigt, damit auch sie von den Hinweisen profitieren können und sie eine gute Beratung für die Betroffenen vor Ort anbieten können.
Als weitere Dachverbände kamen Jahre später zuerst das Kindernetzwerk, nun, mit ganz besonderer Bedeutung die ACHSE, als Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, und schließlich die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe. Frau Winkler-Rohlfing war Gründungsmitglied der ACHSE und hat auch in diesem Vorstand von Anfang an ehrenamtlich mitgearbeitet und war von 2005-2011 sogar 2. stellvertretende Vorsitzende, wofür sie von der ACHSE ausgezeichnet wurde. Zwei ganz große Projekte von ihr waren in dieser Zeit die Aufführung des Kinderensembles des Friedrichstadtpalastes in Berlin mit dem Stück „Wenn Pinguine frieren“ und das Schulprojekt, bei dem Kinder und Jugendliche sich mit dem Problemen von seltenen Erkrankungen auseinandersetzten, um einen Blick für die Betroffenen seltener Erkrankungen zu bekommen. Dabei standen natürlich immer die gemeinsamen Probleme aller seltenen Erkrankungen im Mittelpunkt, aber immer wurde dabei auch der Lupus als Beispiel einer seltenen Erkrankung thematisiert, so dass es auch für Lupus viel Aufmerksamkeit und neues Wissen gab.
Die ACHSE als Vertretung der seltenen Erkrankungen ist heute nicht mehr aus der politischen Arbeit wegzudenken und hat mit dem Nationalplan für seltene Erkrankungen schon ein wichtiges Ziel erreicht. Aber so lange seltene Erkrankungen nicht den gleichen guten Zugang zur Versorgung und zu Therapien haben, bleibt viel zu tun.
Die politische Arbeit gehört als Interessenvertretung heute zu einer der unverzichtbaren Aufgaben der Selbsthilfe. Denn erstens haben wir inzwischen viele Rechte der Mitsprache bekommen und zweitens sind weder Ärzte und Ärztinnen, noch Kassen, aber auch nicht selbst ernannte Beratungsstellen, Fürsprecher der PatientInnen. Das sind nur die Patienten(verbände) selbst und diese wollen es heute nicht nur sein, sie können es auch sein. Was wir brauchen sind nicht solche, die für uns sprechen, sondern solche, die uns Informationen, Ressourcen und Finanzen zur Verfügung stellen, um selber sprechen zu können. Erlauben Sie mir, dass ich dies an einem einzigen Beispiel erläutere. Es gehörte zu den besten Entscheidungen der letzten Bundesregierung, PatientenvertreterInnen 2004 ein Mitspracherecht im Gemeinsamen Bundesausschuss einzuräumen. Nach einhelliger Meinung aller hat dies die Arbeit des Bundesausschusses positiv verändert, was das Miteinander, aber auch was die inhaltliche Arbeit angeht. Inzwischen ist es sogar gelungen, mit der Stabsstelle Patientenbeteiligung eine Unterstützung für die Arbeit der Patientenvertreter zu bekommen. Trotzdem erfordert diese Arbeit ein immenses Lernen auf Seiten der Selbsthilfe und auch eine noch engere Zusammenarbeit mit den ärztlichen Beiräten und Fachgesellschaften. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich unseren Beiräten und den Kommissionen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie danken, dass sie uns unterstützen, wenn wir nach wissenschaftlich gesicherten Zusammenstellungen oder Studienbelegen rufen, und das zunehmend in allerkürzesten Fristen. Denn das ist es eben auch, die Themen werden oft von außen gesetzt, und wir selbst müssen darauf achten, dass wir rechtzeitig davon erfahren und rechtzeitig Stellung nehmen, denn sonst wird die Entscheidung leider ohne uns getroffen und das sollte nie mehr der Fall sein.
Sich konsequent weiter und intensiv in die politischen Fragen zur Gesundheitspolitik einzubringen, wird eine der ganz wichtigen Aufgaben auch für die Zukunft sein. Denn das Gefühl immer weitergehender Beschränkungen in der Versorgung, verunsichert viele Kranke sehr. Dabei ist es (noch) nicht so, dass PatientInnen nicht mehr bekommen, was zur Behandlung erforderlich ist, (wovon ich ganz bewusst den Sonnenschutz bei Lupus ausnehme, denn der wird nach wie vor nicht von Kassen bezahlt, obwohl Notwendigkeit und Nutzen bestens belegt sind!). Vielmehr ist es so, dass PatientInnen noch einen Anspruch auf die notwendige Versorgung haben. Nur ist leider der Weg dahin vielfach mit Steinen gepflastert, die viele scheitern lassen, die ohne Unterstützung und Hilfe sind.
So gilt zwar weiter das BSG-Urteil von 2002, welches den sogenannten off label use (Gebrauch außerhalb der zugelassenen Indikation) zulässt, wenn es sich:
1. um die Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung handelt,
2. für die keine andere Behandlung verfügbar ist,
3. und aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.
Nur bitte stimmen Sie sich einen Moment auf die Situation einer schwerstkranken Lupus-Patientin ein, bei der alle zugelassenen Medikamente nicht mehr wirken. Sie kann immer noch die nun noch mögliche Therapie bekommen, aber entweder sie bezahlt diese selbst oder sie muss die Kasse oder ggf. ein Gericht davon überzeugen, dass alle anderen Therapien versagt haben, dass ihr Zustand lebensbedrohlich ist und dass die nun angestrebte Therapie Erfolg versprechend ist. Kann sich irgendjemand von Ihnen vorstellen, dass er oder sie selbst dazu in der Lage wäre? Und glauben Sie, dass eine Organzerstörung darauf wartet, bis sich Kasse und Arzt einig sind? Ich will mit dieser Darstellung nicht polemisieren, sondern deutlich machen, wie wichtig eine rechtliche Klärung dieser Situation gerade bei seltenen Erkrankungen ist. Genauso wichtig sind aber auch gute wissenschaftliche Studien und vollständige, aktuelle Zusammenstellungen all dieser Belege, damit wir betroffenen PatientInnen als Verein im konkreten Fall schnell und hilfreich zur Seite stehen können. Damit das gelingt, sind aber auch PatientInnen aufgefordert, sich an den möglichen Studien zu beteiligen, denn ohne diese, gibt es keine Belege.
Damit möchte ich meinen kleinen exemplarischen Durchgang durch die Vereinsgeschichte beenden. Sollte ich Jemanden übersehen oder etwas Wichtiges vergessen habe, so bitte ich schon jetzt um Verzeihung.
Wir haben viel erreicht und Sie werden gleich noch hören, welche Erfolge auch die Lupus-Therapie zu verzeichnen hat und worauf wir hoffen dürfen. Das alles ist richtig und wunderbar. Aber genauso wahr ist eben auch, dass bis heute jede Gruppe den zu frühen Tod eines Gruppenmitgliedes kennt, an die wir auch heute denken wollen. Stellvertretend für viele andere nenne ich Bruni Gortat, Rudi Hocks, Monika Zimmermann, Marlies Lemker, Christa Behrends, Alexandra Schilling, Gisela Metzger, Iris Boer, Kathrin Lüedking, Hilde Heuvel-Langenberg, Jürgen Jansing.
Wir sind in den letzten 30 Jahren eine starke, anerkannte Gemeinschaft geworden, die vieles hat bewirken können, aber immer noch ist es nicht vollständig gelungen, alle Lupus-PatientInnen um der gemeinsamen Sache willen ganz zu vereinen. Dabei ist Konkurrenz unter Seltenen Erkrankungen einfach nur eine Schwächung der gemeinsamen Sache, die man im Interesse des Ziels überwinden sollte.
Insofern können wir wirklich stolz sein, auf das, was wir erreicht haben, aber ich wünsche uns allen, dass wir nach dieser Feier diesen berechtigten Stolz in neue Kraft umwandeln können, um uns gemeinsam mit allen Unterstützern und Förderern alten und neuen Aufgaben zu stellen, die es zum Wohle der Lupus-PatientInnen zu lösen gilt. Dafür bedarf es aber auch vieler Menschen aus unseren Reihen, die bereit sind, sich zu engagieren und die Sache weiter zu führen, wenn nun andere nach langer Mitarbeit abtreten.
In diesem Sinne aus tiefstem Herzen: gemeinsam weiter auf dem guten Weg, damit wirklich alle Schmetterlinge fliegen können.
Borgi Winkler-Rohlfing