Laudatio anlässlich der Verleihung der Goldenen Ehrennadel an Borgi Winkler-Rohlfing
Was ist ein Phänomen?
Laut wikipedia ist ein Phänomen in der Erkenntnistheorie eine mit Sinnen wahrnehmbare, abgrenzbare Einheit des Erlebens oder eine Naturerscheinung. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden vor allem Ausnahmeerscheinungen als Phänomene bezeichnet.
Nicht jeder von den hier Anwesenden kann von sich behaupten, jemals ein unvergessliches Naturschauspiel beobachtet zu haben. Und doch haben wir alle hier etwas gemeinsam: wir kennen EINE Ausnahmeerscheinung, die den Begriff „Phänomen“ geprägt haben muss: Unsere Borgi!
Als sie an Lupus erkrankte und privat einen schweren Schicksalsschlag durchleben musste, verzweifelte sie nicht, sondern suchte sich eine Aufgabe, die sie bis zum heutigen Tag mit großer Liebe, Tatkraft und Sachverstand erfüllt. Zunächst als Mitglied der Redaktion des „Schmetterling“ wurde sie bald zur Schriftführerin und 1997 zur 1. Vorsitzenden unserer Selbsthilfegemeinschaft gewählt. Ihre Verdienste, die sie sich seitdem im Verein, in unseren Mitgliedsverbänden und in der medizinischen Fachwelt erworben hat, suchen in der deutschen Selbsthilfelandschaft ihresgleichen.
Als Referentin bei Workshops oder Fachtagungen, als Patientenvertreterin und Mitglied vieler Unterausschüsse im Gemeinsamen Bundesausschuss, als Mitglied des Behindertenrates der Stadt Wuppertal, als Vorstandsmitglied der Rheuma-Liga und der ACHSE e.V., als Patientenbeirat im Kompetenznetzwerk Rheuma oder in der BAG Selbsthilfe: Borgi’s Name steht für hundertprozentige Kompetenz in allen gesundheitspolitischen Fragestellungen sowie Themen der Krankheitsbewältigung und Krankheit an sich. Nicht umsonst wurde sie außerdem mit der Ehrenmedaille der Deutschen Rheuma-Liga und mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Doch trotz ihres hohen Renommees in der Fachwelt lag und liegt Borgi immer nur eines am Herzen: ihre Lupus-Mitbetroffenen zu stützen, ihnen eine Perspektive an die Hand zu geben, Strategien zu entwickeln, wie wir alle trotz unserer Erkrankung ein annehmbares Leben führen können und die Forschung zum Wohle der vielen Lupus-Patienten voranzutreiben.
Selbsthilfe zur Selbsthilfe – ein Motto, das Borgi nicht nur kommuniziert, sondern auch mit aller Leidenschaft lebt.
Sei es durch die Lupus-Langzeitstudie und die vielen anderen Studien zum Lupus, den Lupus-Pass, die Gründung der Lupus-Stiftung, das Durchsetzen von Patientenbelangen beim Gemeinsamen Bundesausschuss, wie z.B. die Kostenübernahme von Vitamin D und Kalzium bei Cortison-Langzeitpatienten, die Verhinderung der Schließung der Rheumaklinik Berlin-Buch und der Rheuma-Ambulanz in Düsseldorf oder ganz aktuell die Zulassung des ersten Lupus-Medikamentes seit über 50 Jahren:
Borgi kämpft für uns seit über 15 Jahren als 1. Vorsitzende und hat Bemerkenswertes erreicht.
Dass unsere Erkrankung in Deutschland immer bekannter wird, dass wir gute Chancen haben, auch die gefährliche Arteriosklerose in den Griff zu bekommen, dass unsere Anliegen und Nöte auf politischer und wissenschaftlicher Ebene gehört werden, das alles ist der Verdienst von Borgi Winkler-Rohlfing, und noch viel mehr! Selbst in ihrer spärlich bemessenen Freizeit oder im Urlaub hört Borgi niemals auf, dem Wohl unserer Selbsthilfegemeinschaft und der Lupus-Betroffenen oberste Priorität einzuräumen, und geht für uns bis an die Grenzen ihrer eigenen Belastbarkeit.
Liebe Borgi, ich konnte hier nur einen kleinen Umriss von dem geben, was Du in 20 Jahren alles geleistet hast. Es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber der Tag heute würde auch nicht ausreichen, um auch nur ansatzweise zu beschreiben, in welchem Maße Du unsere Selbsthilfegemeinschaft zu dem gemacht hast, was sie heute ist.
Wir haben derzeit nur ein einziges Mittel, um unseren Respekt, unsere Zuneigung, unsere Dankbarkeit und unsere Anerkennung für das auszudrücken, was Borgi trotz eigener Erkrankung tagtäglich und oftmals schmerzgeplagt für uns alle leistet.
Liebe Borgi, im Namen unserer Mitglieder und Deiner Vorstandskollegen habe ich heute die große Ehre, Dir für Deine großartigen Verdienste um die Lupus-Betroffenen und unseren Verein die Goldene Ehrennadel der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft zu überreichen. Zu der Ehrennadel habe ich Dir außerdem noch ein ganz besonderes Grußwort mitgebracht, das ich verlesen werde, sobald ich Dir die Ehrennadel angesteckt habe.
Liebe Borgi, wir beglückwünschen Dich zu dieser überfälligen Auszeichnung und sagen von Herzen DANKE!
von Simone Pretis
Grußwort
Die goldene Ehrennadel, ich habe mich ehrlich gesagt gewundert, dass Frau Winkler-Rohlfing sie noch nicht hat. Eigentlich sollte sie jede Ehrung bereits haben, die die deutsche Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft zu vergeben hat. Denn mehr kann ein Mensch für diesen Verein und damit für die Mitbetroffenen wohl nicht leisten.
Sie hatte nicht die Möglichkeit den Verein zu gründen, das hatten bereits andere für die getan, aber sie hat dann etwas draus gemacht, was seinesgleichen sucht. Sie hatte für diese Gemeinschaft einen Vision, die sie umgesetzt hat. Welche Selbsthilfeorganisation schafft es denn schon, durch dass Bundesforschungsministerium gefördert zu werden, und einen wesentlichen Beitrag dazu zu leisten, dass erstmal seit 50 Jahren ein neues Medikament in Deutschland zu gelassen wird, dass auch alle, die es benötigen, es bekommen können?
Sie hat trotz oder vielleicht auch durch ihre Erkrankung eine Energie, die sie fast unaufhaltsam voranschreiten lässt. Da müssen schon ganz andere Hindernisse kommen, um sie ein wenig zu bremsen, was für sie sicher manchmal sicher auch ganz gut ist – auch wenn sie selbst das bestimmt anders sieht. Ich habe ihren erfolgreichen Weg in verschiedenen Funktionen ein gutes Stück begleiten dürfen. Dafür bin ich dankbar, vor allem, weil sie sich stets treu geblieben ist, auch wenn wir mal nicht einer Meinung waren. Die größte Aufgabe liegt noch vor ihr, die Leitung des Vereins in Vertrauen sicher in andere Hände zu legen. Dafür braucht es Mut auf beiden Seiten.
Es ist gut, dass die goldene Ehrennadel nicht aus Gold ist, denn dann würde sie gerade sehr an Wert verlieren. So ist sie Ausdruck großer Anerkennung und Wertschätzung für die Person und as Geleistete. Und ich wünsche Frau Winkler-Rohlfing, dass sie diese nicht nur heute, sondern spätestens ab heute jeden Tag erfährt – sie hat sie sich verdient!
Prof. Dr. Matthias Schneider